Frühere KZ-Villa in Sachsenburg wird abgerissen: Protestbrief soll an Bundeskanzler gehen

Die künftige KZ-Gedenkstätte Sachsenburg wird nur mit Resten der Kommandantenvilla entstehen. Ihr Abriss ist beschlossen. Ein Stahlskelett darauf soll aber die Ausmaße verdeutlichen. Doch der Protest ebbt nicht ab, soll jetzt sogar Berlin erreichen.

Nach monatelanger kontroverser Diskussion steht nun fest: Noch in diesem Jahr wird die marode, einsturzgefährdete Kommandantenvilla im einstigen KZ Sachsenburg bis auf die Grundmauern abgerissen. Die Vergabe der Leistungen dafür hat der Betriebsausschuss des Eigenbetriebes Immobilien der Stadt mit den Stimmen von CDU (2), AfD (1) und Bürgermeister Thomas Firmenich (parteilos) einstimmig beschlossen. Entschuldigt fehlten bei der Sitzung Viola Vogler-Poch (Freie Wähler) und Jörg Hommel (Die Linke).

Der Bürgermeister erläuterte, dass der Zustand des Gebäudes erbärmlich sei. „Die Villa ist nicht zu retten“, so Firmenich. Nach einer neuen Bewertung durch einen Gutachter habe dieser festgestellt, dass es aus Gründen der Standsicherheit und wegen Hausschwamms nicht mehr möglich sei, Mauerwerk oberhalb der Decke über dem Kellergeschoss stehen zu lassen.

Fördermittel für den Abriss stehen nur noch 2022 zur Verfügung. Vergeben wurden Bauleistungen in Höhe von circa 39.000 Euro, die damit unter früheren Schätzungen lagen. CDU-Fraktionschef Andreas Schramm sagte: „Wir waren der Annahme, das Gebäude befände sich in einem ganz anderen Zustand und sei erhaltenswert.“ Darum haben wir uns so schwer getan.“ Im Ausschuss herumgereichte aktuelle Fotos aus dem Inneren zeigten aber, dass der Beschluss zum Abriss schon vor Jahren hätte erfolgen sollen. Auflagen von Natur- und Denkmalschutz beim Rückbau würden eingehalten. Mit der Entwicklung der geplanten Gedenkstätte für das KZ Sachsenburg gehe es unabhängig davon planmäßig weiter, so Firmenich.

Kaum hatte „Freie Presse“ am Dienstagabend über den Beschluss berichtet, meldeten sich kritische Stimmen. Die Entscheidung sei „geschichtsvergessen“, sagte Silvio Lang, 1. Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten im Freistaat Sachsen. Mit dem Abriss gehe ein zentraler Täterort verloren. Lang kündigte einen Protestbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an, um den „Irrsinn“ doch noch zu stoppen.

Das von 1933 bis 1937 betriebene KZ Sachsenburg mit 10.000 Internierten gehört zu den frühen Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Es war Vorläufer von Sachsenhausen oder Buchenwald. Die SS bildete hier Wachen aus.

Auch Franz Sodann, Sprecher der Linksfraktion für Kulturpolitik im Sächsischen Landtag, kritisierte den Abriss. „Es ist weiter unklar, welche Folgen der Abriss der Kommandantenvilla für das Gedenkstättenkonzept und dessen Förderung haben wird. Unklar ist außerdem, was nach dem Abriss neu entstehen soll.“

Erneut kritisierte Sodann Frankenbergs Bürgermeister: „Thomas Firmenich will die Villa offensichtlich trotzdem schnell loswerden, möglicherweise auch um den Preis, dass die Gedenkstätte insgesamt in Gefahr gerät – oder gerade deswegen?“ Der Linke forderte, dass das zitierte neue Gutachten inklusive aller Fotos unverzüglich veröffentlicht werden müsse. Firmenich hatte die Bekanntgabe der Bilder schon zuvor im Ausschuss angekündigt.

Als die Abrisspläne im Juli konkret wurden, hatte sich auch Sachsens Staatsministerin Barbara Klepsch (CDU) geäußert. „Die aktuelle Diskussion kann ich nicht nachvollziehen“, kommentierte sie die Kritik. Der künftige Umgang mit der Kommandantenvilla war Bestandteil des Antrags, den die Stadt Frankenberg 2021 über das Kunstministerium bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) erfolgreich eingereicht hat.

„Die Errichtung der Gedenkstätte wäre nur dann in Gefahr, wenn ein anderer Entwurf als derjenige realisiert werden sollte, auf den sich Frankenberg mit dem Stadtrat in einem demokratischen Verfahren verständigt hatte und der Teil des Antrags bei der BKM war.“